585 Schwarzes Haus
585 Schwarzes Haus
Mikyung Song
Vernissage ⎢Do. 29. August, 18 - 21 Uhr Performance 585 Notes Performance von Mikyung Song, 19 Uhr
Ausstellung⎢29 - 31. August, 2024
Fr. 11 – 18 Uhr, Sa. 11 – 15 Uhr
einBuch.haus / Florastr.61, 13187 Berlin
ⓒ 585 Schwarzes Haus von MiKyung Song(PLAP 2022), mix media_video, sound, Platform-L, Seoul, Korea, 2022
Es gibt Dinge, an denen wir nichts ändern können und vieles hat sich verändert. Das alles hat mit der COVID-19-Pandemie angefangen und wie eine Naturgewalt außerhalb unserer Kontrolle gelegen. Niemand konnte vorhersagen, dass sowas passieren würde. Und es lag außerhalb unserer Vorstellungskraft, dass sich etwas derartiges Neues in unserer Welt ereignen könnte. Mit dem Aufkommen der COVID-19-Pandemie haben wir jedoch plötzlich vor vielen neuen Herausforderungen gestanden. Und auch wenn dieses Naturereignis nun endlich an uns vorbeigezogen ist, kann es sein, dass wir die Städte, in denen wir leben, nicht mehr wiedererkennen. Und es sind auch tatsächlich viele Dinge aus den Städten verschwunden, und nicht zuletzt sind sogar ganze Städte ausgelöscht worden. Und dennoch suchen unsere Augen und Ohren jeden Tag nach etwas Neuem in der Stadt, haben das Verlangen danach, etwas Neues zu erblicken, zu vernehmen.
Seit April 2020, als der erste COVID-19-Lockdown begann, bin ich jeden Abend auf meinen kleinen Balkon hinausgegangen und habe Fotos gemacht, jeden Tag eins. Nachdem der Lockdown angefangen hat und mir bewusst wurde, dass ich jeden Tag genau dasselbe sehe, hab ich angefangen nach Möglichkeiten für ein bisschen Abwechslung zu suchen, um mal was anderes zu Gesicht zu bekommen. Tagsüber kriegt man vom eigenen Balkon aus sowieso immer nur dasselbe Gebäude zu sehen. Aber als es dann dunkel geworden ist, sind überall die Lichter angegangen, eins nach dem anderen, Lichter, die die Dunkelheit vertrieben haben. Und in dem Moment, wo es dann dunkel geworden ist in der Stadt, konnten wir die Menschen beobachten, wie sie sich bewegt haben. Und selbst nachdem der Lockdown dann vorbei gewesen war, hab ich mich jede Nacht weiter darum bemüht, von der gleichen Stelle aus was anderes vor die Augen zu kriegen. Jede Nacht hab ich das Licht, das durch die Fenster geschienen hat, fotografiert und dann hab ich die Anzahl der Tage seit dem Lockdownbeginn, die sich jeden Tag um eins erhöht hat, genommen und daraus Musik komponiert. So ist das vierte Projekt <585 BLACKSHOUSE, 585 Schwarzes Haus> entstanden.
Ich habe mich als Künstlerin dazu verpflichtet gefühlt, den ganzen Aufzeichnungsprozess von diesen Aspekten der Corona-Pandemie, wegen der nach wie vor viele Dinge aus unserem Leben verschwinden, auf verschiedenen Wegen und mittels verschiedener Medien mit der Welt zu teilen und dazu künstlerisch zu verarbeiten. Da die reale Welt sich in einem Wandel vom Analogen ins Digitale befindet, wird das hieraus entstandene Werk eine andere reelle Welt zeigen. Dafür habe ich mich dazu entschlossen, ein Buch sowie eine Ton- und Filmdokumentation über den gesamten Prozesses vom <585 BLACKSHOUSE, 585 Schwarzes Haus> zu erstellen, die in der Ausstellung zu sehen sein werden. In der Eröffnungsperformance wird jeweils eine Improvisation von mir auf dem traditionell koreanischen Blasinstrument namens Piri, bei dem ich und das Instrument miteinander zu einem verschmelzen, sowie dem Jing, welches im Schamanismus angewandt wird, zu hören sein.
Entstehungsgeschichte des Projekts
Meine künstlerische Arbeit ist vor allem aus meinem Interesse an Kommunikation und Dörfern, Häusern, Gemeinschaften sowie aus meiner Vorliebe für alte Sachen und deren Erforschung erwachsen. Erster Anstoß war 2013, als ich auf Reisen zufällig in einer Unterkunft namens „ Blue House“ in Penang in Malaysia untergekommen bin und dort viele Geschichten über das Haus und die Menschen gehört habe. Dies lieferte mir die ursprüngliche Inspiration für mein Werk. Später war ich dann einmal als Mitwirkende für einige verschiedene Kunstprojekte der Gyeonggi Cultural Foundation in einem südkoreanischen Dorf tätig, in dem Freunde meines Vaters lebten. Ein Jahr lang sammelte ich dort die Geschichten und Erzählungen von den dort lebenden Menschen, den Häusern und vom Dorf selbst und zeichnete sie auf, während dieses Dorf einmal vollständig abgerissen und neu erbaut wurde. 2 Jahre darauf habe ich im Rahmen des gleichen Projekts der Gyeonggi Cultural Foundation auf der Suche nach sehr alten Bäumen 9 Städte und 25 Dörfer in Gyeonggi besucht und begonnen, die Geschichten der Bewohner, Dörfer, Gebäude sowie der dortigen Flora und Fauna sowohl schriftlich als auch Audio- bzw. Videoform aufzuzeichnen. Bei dieser Arbeit bin ich auf die Vergangenheit und die Geschichten von anderen gestoßen, wie selbstverständlich bin ich in den Fluss der Zeit aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft geraten und ambivalente Gefühle haben mich überkommen, die ich in Form von Schrift, Video, Foto, Bild, Klängen sowie mithilfe von Farben künstlerisch im Ausstellungsraum transportiere und weitergebe. Bei den Farben bediene ich mich jeweils einer von fünf Farben, die in der koreanischen traditionellen Philosophie für die fünf Elemente stehen. Bei diesen aus der Yin und Yang-Lehre entsprungenen Farben handelt es sich um Gelb, Rot, Blau, Weiß und Schwarz, sie repräsentieren daneben außerdem die fünf Himmelsrichtungen - in der Yin und Yang Lehre zählt das Zentrum als eigene Richtung - die Natur und höhere Mächte. In Anlehnung an diese Symbolik und Semantik sowie auf Grundlage meiner gesammelten Geschichten aus der Vergangenheit errichte ich seit 2016 regelmäßig ein neues Haus. In diesen Häusern wandle ich den Raum, der sich aus dem Alltag, dem Universum, Leben und Tod, der Natur, Büchern und so weiter zusammensetzt und Tausende Geschichten erzählt, stetig um und drücke ihn in neuer Form und Gestalt aus.
Texte: Mikyung Song
Übersetzung: Sebastian Pascale Kempe